Im Fokus
Die Stimme – das „Instrument des Jahres 2025“
Der Stimme wird 2025 eine besondere Beachtung zuteil: Sie ist das „Instrument des Jahres“, gewählt von den Landesmusikräten. Die Stimme ist haptisch nicht erfahrbar und berührt dennoch wie kaum ein anderes Instrument. Viele ausgezeichnete Stimmen erklingen auch in unserer laufenden Saison.

Einzigartige persönliche Klänge
In einem Zusammenspiel aus Stimmlippen, Muskeln und Kehlkopf werden einzigartige persönliche Klänge in unserem „Resonanz“-Körper erzeugt. Sprechen, Schreien, Rufen, Pfeifen, Flüstern, Rezitieren, Jauchzen, Seufzen, Trillern, Falsettieren, Jodeln, Singen: Ihre erstaunliche Modulationsfähigkeit übersteigt jedes andere Instrument und spiegelt unsere Individualität – ähnlich einem akustischen Fingerabdruck. Als eine der unmittelbarsten, universellsten Ausdrucksformen ist die Stimme so alt wie die Menschheit selbst. In der Urzeit signalisierten Laute Gefahr oder waren Orientierung bei der Jagd – daraus entwickelte sich der Gesang.
Informationen und Emotionen
Auch die Natur durchzieht Gesang. Nicht zu überhören: die Konzerte der Singvögel. Im fröhlichen Allegro trällert es aus Baumwipfeln. Ob solistisch oder im Chor, einstimmig oder polyphon – menschlicher Gesang hat sich aus selbigen Gründen entwickelt wie die Konzerte der Tiere: um Verbindung zu erzeugen, Informationen und Emotionen zu teilen und natürlich auch, um Eindruck zu schinden. Wer im Mittelalter eine Angebetete für sich gewinnen wollte, bediente sich dem Minnesang. Klangfarbe, Stimmansatz, Stimmumfang, Register, Dynamik, Vibrato, Verzierungs- und Atemtechnik ermöglichen dabei eine Ausdrucksvielfalt, die ihresgleichen sucht.

Gesang schafft Verbundenheit

So wundert es nicht, dass Vokalmusik sich zu einer Kunstform entwickelte. In der Kirche des Mittelalters wurde der Gregorianische Choral geboren, Grundlage der westlichen Musiktradition. Mit dem Barock blühte der Gesang auf: Komplexe, umfangreiche Vokalwerke von Komponisten wie Bach oder Händel wurden nicht mehr nur in Kirchen, sondern fortan auch an Fürstenhöfen aufgeführt. Im 17. Jahrhundert in Italien entstanden, verband die Oper Gesang mit dramatischer Handlung.
Das deutsche Kunstlied entwickelte sich im 19. Jahrhundert mit den Hauptvertretern Schubert, Schumann, Brahms und Wolf. Im 20. Jahrhundert entfalteten sich neue Genres wie Jazz, Pop und Rock. Gesang hat sich als wirkungsstarkes Ausdrucksmittel für Emotionen sowie für gesellschaftliche und politische Botschaften etabliert. Er überwindet kulturelle, sprachliche und geographische Grenzen und schafft Verbundenheit.
Viele ausgezeichnete Stimmen erklingen auch in unserer laufenden Saison: Jonathan Tetelman, Jonas Kaufmann, Andrè Schuen, The King’s Singers und herausragende Chöre beleuchten das „Instrument des Jahres“ in seinen unterschiedlichen Facetten.
Text: Sabrina Werner